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Digitale Souveränität: Wer regiert das Internet – und warum ist das wichtig?

  • annacarnice
  • 25. März
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Mai

Stell dir vor, du wachst eines Morgens auf und die Hälfte deiner Apps funktioniert nicht mehr. Dein Cloud-Speicher ist verschwunden, dein Smartphone verweigert den Dienst und deine gesamte digitale Identität scheint in Luft aufgelöst. Klingt wie ein schlechter Sci-Fi-Film? Vielleicht. Aber genau solche Szenarien zeigen, warum digitale Souveränität kein Nischenthema für Nerds ist – sondern uns alle betrifft.


Was bedeutet digitale Souveränität eigentlich?

Der Begriff „Souveränität“ erinnert an Könige, Ländergrenzen und Staatsmacht. Aber was passiert, wenn diese Souveränität im digitalen Raum spielt – also dort, wo es weder klare Grenzen noch sichtbare Herrscher gibt?

Digitale Souveränität bedeutet, dass ein Staat, eine Organisation oder eine Einzelperson Kontrolle über die eigenen digitalen Daten, Technologien und Infrastrukturen hat. Klingt theoretisch, aber in der Praxis geht es um handfeste Dinge:

Wer kontrolliert unsere Daten? (Spoiler: oft nicht wir selbst.)

Welche Unternehmen dominieren das digitale Spielfeld? 

Wie unabhängig sind Staaten von ausländischer Technologie? 


Das Internet als „Terra Nullius“ – Niemandsland oder digitale Kolonie?

Der digitale Raum wird oft als eine Art „Terra Nullius“ betrachtet – ein rechtlicher Begriff, der ursprünglich aus der Kolonialzeit stammt und Gebiete bezeichnete, die als „herrenlos“ galten und daher von Staaten oder Unternehmen beansprucht werden konnten. Historisch gesehen diente dieses Konzept dazu, indigene Gemeinschaften zu enteignen und Land zu besetzen, da sie nach europäischem Recht keine anerkannte staatliche Organisation hatten (Vaughn, 2024; Keenan, 2020).

Übertragen auf das digitale Zeitalter bedeutet das: Das Internet wurde ursprünglich als freier Raum verstanden, ohne klare Grenzen oder rechtliche Zuständigkeiten – ein digitaler Wildwesten. Doch ähnlich wie beim kolonialen Terra Nullius haben sich mächtige Akteure diesen Raum angeeignet:

🔹 Big Tech-Konzerne wie Google, Meta und Amazon bestimmen, welche Inhalte sichtbar sind und welche verschwinden.

🔹 Datenkolonialismus (Couldry & Mejias, 2019) beschreibt, wie Konzerne Datenströme kontrollieren und monetarisieren – oft ohne Zustimmung der Betroffenen.

🔹 Staaten mit digitaler Kontrolle? – China zeigt mit seiner „Great Firewall“, wie der Cyberspace gezielt reguliert werden kann, um politische Kontrolle zu behalten. Andere Global Player wie die EU regulieren sehr streng, wieder andere schauen zu (USA).

🔹 Blockchain & dezentrale Netzwerke – Sie versprechen Unabhängigkeit, sind aber oft noch in der Experimentierphase.


Die große Herausforderung: Ein Gleichgewicht zwischen Regulierung, Freiheit und Sicherheit zu finden.


EXKURS: Vom offenen Meer zur digitalen Enteignung

Ein historischer Vergleich: Im Seerecht gibt es zwei gegensätzliche Konzepte:

  1. Mare Liberum (das offene Meer) – geprägt von Hugo Grotius (1609), besagt, dass das Meer allen gehört und frei zugänglich ist.

  2. Mare Clausum (das geschlossene Meer) – wie von John Selden argumentiert, postuliert, dass Staaten Hoheitsrechte über Teile des Meeres beanspruchen dürfen.

Der digitale Raum wurde lange nach dem Prinzip von Mare Liberum gestaltet – ein offenes, freies Internet für alle. Doch in den letzten Jahren geht die Entwicklung in Richtung Mare Clausum: Unternehmen und Staaten beanspruchen immer mehr Kontrolle, sei es durch Algorithmen, Firewalls oder Überwachungsgesetze (Armstrong, 2022).


Für die Weltmeere gibt es das United Nations Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) – ein internationales Abkommen, das Regeln zur Nutzung und Verwaltung der Ozeane aufstellt (United Nations, 1982). Sollte es ein solches Abkommen auch für das Internet geben?

Einige fordern eine globale digitale Charta, um digitale Grundrechte zu schützen, Plattformen zu regulieren und Monopole zu begrenzen. Doch bisher bleibt der Cyberspace eine Grauzone – und in dieser Lücke agieren die mächtigsten Player weitgehend ohne Kontrolle.


Warum das für uns alle wichtig ist

Die Kontrolle über digitale Technologien beeinflusst unser tägliches Leben mehr, als wir merken:

🔹 Datenschutz: Wer hat Zugriff auf unsere persönlichen Informationen?

🔹 Meinungsfreiheit: Wer entscheidet, was online gesagt werden darf – und was nicht?

🔹 Technologische Unabhängigkeit: Können wir ohne Google, Microsoft & Co. überhaupt arbeiten?

Digitale Souveränität ist also keine abstrakte Debatte für IT-Experten. Sie betrifft uns alle – und bestimmt, wie frei und sicher wir uns im digitalen Raum bewegen können.


Und jetzt? Die Zukunft der digitalen Unabhängigkeit

Wie geht es weiter? Drei mögliche Szenarien:

🔮 Mehr Regulierung: Die EU macht’s vor – Datenschutzgesetze wie die DSGVO setzen Standards, aber bringen auch Bürokratie.

🔮 Technologische Eigenständigkeit: Länder wie Frankreich oder Deutschland investieren in eigene Cloud-Systeme und digitale Infrastruktur.

🔮 Dezentralisierung: Open-Source-Software, Blockchain und digitale Commons könnten eine neue, demokratischere Internetstruktur schaffen.

Das Problem: Es gibt keine einfache Lösung. Aber eines ist klar – wenn wir nichts tun, entscheiden andere für uns.


Also, was tun?

🔹 Bewusst mit den eigenen Daten umgehen

🔹 Alternative, unabhängige Plattformen nutzen (wenn möglich)

🔹 Politische Entscheidungen zur Digitalisierung kritisch verfolgen


Denn digitale Souveränität bedeutet letztlich auch digitale Selbstbestimmung – und die sollten wir nicht kampflos aufgeben.

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Hi, danke fürs Vorbeischauen!

Sozialwissenschaftlerin, Yoga-Lehrerin, Weltenbummlerin, Sauerteigbrot-Bäckerin und vieles mehr. 

 

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